19.05.2022

Fichtensterben in Deutschland – Katastrophe oder Chance?

Vielerorts bietet sich in Deutschlands Wäldern derzeit ein trauriges Bild: Abgesägte Baumstümpfe, tote Bäume und kahle Flächen prägen die Landschaft. Der Grund: Massenhaftes Fichtensterben in Folge der rasanten Ausbreitung des Borkenkäfers. Wie es hierzu kam und warum das nicht nur schlecht sein muss erfährst du in unserem Blogbeitrag.

 

 

 

Der Borkenkäfer ist nur das Symptom, nicht die Ursache

Es wäre zu einfach, das Fichtensterben ausschließlich auf den Borkenkäfer zurückzuführen - die eigentlichen Ursachen für seine Ausbreitung liegen wesentlich tiefer. Denn der Schädling konnte sich in den letzten Jahren nur deshalb so stark ausbreiten, weil zwei noch viel grundlegendere Faktoren dem deutschen Wald seit langer Zeit zu schaffen machen: Die Klimakrise sowie eine auf kurzfristige Rentabilität ausgelegte Forstwirtschaft.

Eigentlich kommen Fichtenwälder in Deutschland nämlich kaum natürlicherweise vor. Wenn man von einigen Höhenlagen in den Bergen absieht, hätte sich die Fichte auf natürlichem Wege nie gegen die heimischen Laub- und Mischwaldbestände durchsetzen können. Denn diese kommen aufgrund ihrer differenzierten Wurzelstruktur nicht nur wesentlich besser mit starken Temperaturschwankungen und Trockenperioden klar, sondern sind darüber hinaus deutlich artenreicher. Das macht sie wiederum um ein vielfaches widerstandsfähiger gegen Schädlinge – wie zum Beispiel dem Borkenkäfer – da es deutlich mehr potentielle Fressfeinde gibt.

Doch warum gibt es angesichts dieser Nachteile hierzulande überhaupt so viele Fichtenwälder? Um das zu verstehen, lohnt sich ein kurzer Blick in die Geschichte der Forstwirtschaft in Deutschland.

 

Der Siegeszug der Fichte

Bereits seit über 300 Jahren werden hierzulande verstärkt groß angelegte Fichtenmonokulturen gepflanzt. Vor allem die Preußen entdeckten die wirtschaftlichen Vorteile des Baumes für sich. Denn die Fichte war nicht nur verhältnismäßig anspruchslos in Bezug auf Bodennährstoffe, sondern wuchs darüber hinaus besonders schnell und gerade. Das machte sie nicht nur als Bau-, Möbel- oder Brennholz attraktiv: Auch in der Papier-, Holzkohle- und Zelluloseherstellung wurde der Baum aufgrund dieser Eigenschaften sehr geschätzt. Im Zuge der preußischen Expansion trat daher auch die Fichte ihren Siegeszug an – in vielen Regionen wird sie immer noch bisweilen spöttisch als „Preußenbaum“ bezeichnet.

Die Fichte konnte damals aufgrund ihrer forstwirtschaftlichen Vorteile auch in ärmeren Regionen wie der Eifel für ein kleines Maß an Wohlstand sorgen – bis heute gilt sie daher als der „Brotbaum“ der Forstwirtschaft. Doch bei allen wirtschaftlichen Vorteilen hegte man von Beginn an auch eine gewisse Skepsis gegen die strikt angeordneten und kerzengeraden Forstflächen. „Willst du den Wald vernichten, so pflanze nichts als reine Fichten“ schrieb schon im 19. Jahrhundert ein bayrischer Förster. Denn in den neuen Fichtenkulturen schien sich kaum Leben zu regen: Während man in den heimischen Laub- und Mischwäldern Drosseln singen, Eulen schuhuhen und Spechte trommeln hören konnte, herrschte hier meist große Stille.

 

Vorbild Bayerischer Wald

Sollten wir uns also freuen, dass Fichtenwälder wieder aussterben, da sie ohnehin nicht in unsere Breitengeraden gehören und schlecht für die Artenvielfalt sind? Tatsächlich wird der Borkenkäfer nicht immer als Übel angesehen, sondern vielmehr als Teil eines Prozesses, der zu einem langfristigen natürlichen Gleichgewicht führt.

Als Vorbild kann uns hierbei der Nationalpark Bayerischer Wald dienen. Dort hat der Borkenkäfer bereits seit den 1980er Jahren große Teile der Fichtenbestände vernichtet. Doch anstatt ihn zu bekämpfen oder großflächig Wiederaufforstung zu betreiben, hat sich die Nationalparkleitung damals zu einem radikalen Schritt entschieden: Einfach gar nichts zu tun und den Wald sich selbst zu überlassen. Für diesen Schritt erntete sie damals viel Kritik: Der Käfer galt als Übel, das es zu bekämpfen galt, da er auch angrenzende forstwirtschaftlich genutzte Wälder bedrohte und die kahlen Flächen die ehemals so schöne Landschaft entstellten. Kritiker sprachen davon, die Leitung würde den Wald „kaputtschützen“.

Doch die Zeit gab ihr Recht: Mit den Jahren wächst nun ein junger, natürlicher Wald heran, der deutlich widerstandsfähiger gegen Trockenperioden, Klimawandel und Schädlingsbefall ist. Den Borkenkäfer bezeichnen manche im Nachhinein gar als Glücksfall, da er die Rolle eines natürlichen Försters übernommen hat. Der Mensch als Gestalter des Waldes wird hier als überflüssig erachtet - „Natur Natur sein lassen“ ist seither das gelebte Motto des Nationalparks.

 

Der Urwald von morgen

elbstverständlich kann nicht überall auf forstwirtschaftliche Maßnahmen verzichtet werden. Dennoch lassen sich viele Einsichten aus dem Bayerischen Wald auf die allgemeine Situation in Deutschland übertragen. Deshalb setzen wir uns bei SAUBER ENERGIE für gesunde Wälder ein, welche die Artenvielfalt fördern und der Klimakrise standhalten können – auf der ganzen Welt, aber auch hier bei uns in Deutschland. Neben den vielen Projektregionen des WWF, die wir hierzulande unterstützen, liegt uns vor allem unser SAUBER-Wald in der Eifel am Herzen. Nicht-heimische und klimaanfällige Nadelbaumarten wie die Fichte weichen hier nach und nach einem gesunden, widerstandsfähigen Laubwald. Gemeinsam mit dem bekannten Förster Peter Wohlleben wollen wir so den Urwald von morgen entstehen lassen.

 

 

 

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